Ratgeber

Mit Interaktion Kunden aktiv mitbestimmen lassen

Technologien, die Beratern auch die Interaktion in der Online-Beratung ermöglichen, stärken den Vertriebserfolg. Denn Interaktion gibt Kunden das Gefühl, sich selbst zu verwirklichen. Vorausgesetzt die Anwendung der Tools ist einfach – und voller Emotionen. 

Oskar Hallier 

Video-Konferenzen und die Finanzberatung online über den PC sind mittlerweile Alltag in jedem Maklerbüro, in jeder noch so kleinen Niederlassung einer Versicherungsgesellschaft. Auch die Versicherungskunden haben sich längst daran gewöhnt. Im Neukundengeschäft aber tut sich die Online-Beratung schwer wie eh und je. Distanz lässt sich am Bildschirm nur schwer abbauen, und noch schwerer lassen sich Emotionen oder gar Vertrauen herstellen. 

Die Techniken und Möglichkeiten von Teams, GoogleMeet & Co. sind bekannt und manche Vermittler beherrschen die Tools sogar: Am Bildschirm Vergleichsrechner laufen lassen, Produkte präsentieren, eine Finanzanalyse erstellen und anderes mehr. Alles wunderbar, aber die begrenzten Möglichkeiten dieser Tools bergen das Risiko, dass Berater und Kunden sich nicht auf Augenhöhe wähnen. Kunden finden sich nur in einer passiven Rolle wieder. Wenn beim Kunden durch diese ihm zugewiesene Rolle das Gefühl vorherrscht, unterlegen zu sein, womöglich in seiner Entscheidung gesteuert zu werden, dann leiden darunter die für den Beratungserfolg so wichtigen Einflüsse wie Vertrauensbildung, emotionale Nähe oder Aha-Erlebnisse. Weil eines diesen Instrumenten fehlt: die Fähigkeit zur Interaktion! 

Kunden werden von stillen Beobachtern zu aktiven Mitspielern 

Die Online-Beratung muss im modernen Versicherungsvertrieb mehr bieten als nur ein Einbahnstraßengespräch – das ist die Aufgabe von Interaktion. Durch ihre Möglichkeiten sind die Verbraucher nicht länger stille Beobachter, sondern aktive Mitspieler. Das funktioniert durch die Einbindung aller Sinne. Klicken, swipen – kurz: tasten. Selbst Zahlen eingeben und überraschende Ergebnisse sehen. Kreativ mitmachen, kleine, verspielte, zum Einstieg ganz unwichtige Entscheidungen treffen – kurz: denken und fühlen. Sich kennenlernen. Berater nehmen dabei zunächst nur eine Mediatoren-Rolle ein, eine Grundvoraussetzung für Vertrauenserwerb. Im Klartext: Es braucht mehr als eine Videolösung, die nur „Auflegen“, „Kamera aus“ und „mute“ kann. Übernehmen Kunden durch den Einsatz interaktiver Werkzeuge einen aktiven Part in der Beratung, fühlen sie sich auf dem Weg zu einer Entscheidung viel stärker eingebunden, sind sie viel eher dazu bereit einen Vertrag abzuschließen. Denn sie haben das Gefühl, stets die Kontrolle über die einzelnen Beratungsschritte zu behalten. 

Wichtig bei all dem sind diese Basics: 

 Die interaktive Online-Beratung sollte auch von der Couch aus funktionieren. 

 Ihre Handhabung sollte extrem einfach sein.

 Das Programm sollte spielerische Elemente enthalten. 

 Beratungsprozess und Ergebnis sollten rechtssicher sein. 

 Das Beratungsgespräch sollte einem Termin vor Ort in nichts nachstehen. 

 Das Programm sollte noch am Bildschirm zum Vertragsabschluss führen können. 

Durch bereits vorgefertigte Beratungsstrecken stellt die Software den Vermittlern interaktiv nutzbare Folien zur Verfügung. An der Position der Berater ändert sich dadurch nichts. Dank der Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten bietet sich ihnen die Möglichkeit, ihre Beratungsgespräche sowohl vor Ort beim Kunden als auch digital weiterhin höchst individuell zu führen – wie ehedem von der Datenaufnahme bis zum Abschluss mit digitaler Unterschrift. 

Und schon gleich zu Beginn der Beratung könnte der Berater oder die Beraterin auftrumpfen. Sofern ein Zertifikat für die Software vorhanden ist, könnten er oder sie beispielsweise darauf hinweisen, dass die digitale Finanzanalyse nach DIN-Norm 77230 abläuft. Das weckt schnell das Vertrauen, das sonst in der Online-Beratung so schwer herzustellen ist. Ein Vorgehen, das auch auf alle weiteren Beratungsschritte abfärbt. 

Die Finanzanalyse ist ein vortreffliches Beispiel dafür, welchen psychologischen Einfluss Interaktion auf den Beratungsprozess haben kann. Beide zusammen, Berater und Kunde, arbeiten sich durch die priorisierten Themenfelder der Norm und der Kunde oder die Kundin stellen völlig unbeeinflusst von außen fest, was zur Absicherung fehlt, ob finanzieller Spielraum besteht oder welche Finanzprodukte gar überflüssig sind. 

Voraussetzung hierfür wie auch für alle Tools im weiteren Laufe der Beratungsstrecke sind durch die Kunden beschreibbare PDF-Dateien. Auch die Wirkung von Zeichen-Tools für zum Beispiel gewünschte oder tatsächliche Kurvenverläufe ist nicht zu unterschätzen. Mittels einer integrierten Schnittstelle sollten die Daten, welche während der Beratung interaktiv erfasst werden, direkt in das firmeneigene CRM-System der jeweiligen User einfließen. Sollte kein eigenes CRM-System vorliegen, könnte die Speicherung der Daten in der integrierten Kundenkartei der angewandten Software erfolgen. Somit bleiben die Daten jederzeit und überall abrufbar. 

Technische und administrative Vorgänge sind in jeder Beratung Stimmungskiller Nach all dieser handwerklichen Arbeit geht es um die echte und auf der Finanzanalyse basierende Beratung zu Produkten, die für den ermittelten Bedarf geeignet sind. Und auch hier sollte die Software die klassische Beratungssituation möglichst exakt nachbilden. 

Bei Produktempfehlungen ist nun mal auch ein wenig verkäuferisches Geschick gefragt. Es gilt, die Story hinter den Vorzügen des einen Produktes innerhalb einer bestimmten Produktgruppe zu erzählen, seine Unterschiede zu denen anderer Anbieter herauszuschälen. 

Nun ist das Story-Telling nicht jeder Manns und jeder Frau Sache. Klar ist aber: Wer in diesem Augenblick mit zu vielen technischen Details aufwartet, Leistungskataloge herunterbetet und Tarifoptionen nebeneinanderstellt, bietet auch nicht viel mehr als ein Vergleichsrechner – und wird zum Stimmungskiller. Das könnte die gerade erst erarbeitete Bindung zum Kunden gleich wieder zerstören.

Interaktives Story-Telling – die hohe Schule der Beratung 

Es heißt also, die Interaktion mit spielerischen Elementen weiter aufrechtzuerhalten und gleichzeitig über Bildsprachen weiterhin Emotionen hochhalten. Beispiele und Geschichten aus dem täglichen Leben, in denen sich jeder wiederfinden kann. Story-Telling – die hohe Schule der Beratung selbst bei schwierigen Versicherungsprodukten. Es muss doch darum gehen, abstrakte Produkte und Dienstleistungen verständlich, greifbar und letztlich begehrenswert zu machen. 

Um Story-Telling als Marketing-Instrument einzusetzen, bieten sich natürlich die passenden Medien wie Video-Clips oder Animationen auf YouTube und den Sozialen Medien an. Für die Online-Beratung sind diese jedoch nur bedingt geeignet, weil sie meist mit einem Prozessbruch einhergehen. Ganz neu ist dagegen die Idee, individuell geführte interaktive Sales Stories für verschiedene Gesprächs- und Bedarfssituationen zu entwickeln. Eine Verankerung der Sales Stories direkt in der digitalen 1:1-Kundenkommunikation, in der diejenigen Makler oder Finanz-Beraterinnen für ihre Erzählungen je nach Situation passende Unterstützung und Inspiration erhalten.

Kunden führen sich selbst durch den Erzählstrang

Derlei Geschichten sollten aber niemals aus der Sicht der Produktanbieter oder der Beratenden erzählt werden. Wirksam sind sie nur dann, wenn sie Kunden dort abholen, wo diese stehen. Eine neutrale, rein bedarfsorientierte Finanzanalyse liefert dafür genügend Stoff. Jetzt fehlt nur noch eines: Der Kunde, die Kundin sollte sich in der Geschichte wiederfinden oder gar Teil von ihr sein. Es sei nochmal wiederholt: Auch diese Werkzeuge sollten als möglichst einfach gehaltene Interaktion fungieren, so dass die Kunden sich mittels dem „Wenn-Dann-Prinzip“ quasi selbst durch den Erzählstrang führen. 

Das lässt sich am besten an diesen Beispielen darstellen: 

Ein neues Absicherungsthema poppt hoch. Wie zuletzt die E-Mobilität mit ganz neuen, vielfach unbekannten Risiken. Optimal wäre es, wenn Versicherer den Maklern oder ihrem Vertrieb eine Art Leitfaden für die Risikoprofilierung bei E-Autos an die Hand geben, an deren Ende ein ganz individuelles Produktangebot steht. 

Der Abfrageprozess innerhalb eines solchen Tools sollte die ganze Erfahrung des Produktanbieters widerspiegeln. Es sollten Problembereiche sichtbar werden, die in Vergleichsportalen oder Produktbeschreibungen jüngerer Anbieter kaum oder überhaupt nicht thematisiert werden. Fragen gestellt werden, bei denen sich dann die Spreu vom Weizen trennt. Antworten, mit denen Makler ihre Kompetenz dokumentieren. Lösungsvorschläge, mit denen Versicherer Ihre maßgeschneiderten Tarife präsentieren können. 

Mit interaktivem Story-Telling Cross-Selling-Effekte erzielen 

Ein anderes Beispiel: Womöglich sind manche Produkte einfach zu einfach, zu unscheinbar, so dass Beratenden die Phantasie fehlt, wie sie dieses Produkt trotz offensichtlicher Deckungslücke an den Mann oder die Frau bringen können. Ist es, weil Vermittlern und Maklerinnen schlicht die Story fehlt, die bei den Kunden Begeisterung auslöst? Ist ihnen das Produkt womöglich zu langweilig? 

Solche Produkte aus fehlender Motivationslage heraus unbeachtet zu lassen wäre ein großer Fehler. Häufig sind es gerade diese, mit denen sich auf einfache Weise Türen öffnen und sich Cross-Selling-Effekte auftun. 

Gut darstellbar ist dies anhand der Sterbegeldversicherung mit simplem Leitfaden in Form eines interaktiven und visualisierten Tools. Das nutzen die ihr angeschlossenen Makler und Vermittler, um aus einer unscheinbaren Deckungslücke eine spannende Story entwickeln zu können. Aus einem unscheinbaren Produkt wird ein „Must-have“, das keinen Aufschub duldet. 

Das geht so: Online oder auch im „echten“ Beratungsgespräch dürfen Kunden durch Anklicken die Beratung mitgestalten. Da könnte der Laptop bei einem eigentlich ernsten Thema wie der Sterbegeldversicherung fragen: „Trifft die Aussage, dass Sie nicht sterben werden, auf Sie zu?“ Klickt der Kunde spaßeshalber auf Ja und erscheint dann ein lustiges Dracula-Männchen, dann gewinnt das ernste Thema Tod an Leichtigkeit. 

Und in diesem Duktus könnte das Programm fortfahren und das Produkt und seinen Zweck ganz schnell erklären. Wie in einem Film, in dem die Kunden mitspielen. Und ganz nebenbei wird aus einem eher einfachen, unscheinbaren Produkt, das dann auch noch den Tod zum Thema hat, tatsächlich zu einem „Must-have“, das keinen Aufschub duldet. 

Weil Kunden bei dieser Art des Story-Tellings selbst wieder Teil der Entscheidungsfindung sind, sind sie vom Produkt überzeugt – und von der Beratung. Ist die Beratung einmal als positiv und bedarfsgerecht wahrgenommen worden, ist der Verbraucher auch offen für weitere Absicherungs- und Vorsorgethemen. 

KI mit vielen Vorteilen in der Vertriebsassistenz 

Was geschieht aber anschließend mit den vielen gewonnen Informationen? Diese kann KI über die Arbeitsprozesse drumherum sehr intelligent steuern. Genauer: In der Vor- und Nachbereitung von Beratungsterminen. Anders ausgedrückt: KI übernimmt die Vertriebsassistenz. 

Dabei erfolgt beispielhaft in Sekundenschnelle die Übertragung aller Informationen aus einem per Audio aufgezeichneten Erstkontakt in das CRM oder den digitalen Ordner. Und dies nicht nur im Maklerbetrieb oder Vermittlerbüro, sondern auch direkt beim Produktgeber beziehungsweise der Ausschließlichkeitsorganisation. Ohne, dass auch nur irgendjemand einen Finger rühren muss. Dies ist vor allem günstig im Neugeschäft, lässt sich aber genauso übertragen auf online-Folgetermine beziehungsweise das Geschäft im Bestand. Beispielsweise mit der automatischen Aufgabenerledigung anhand von eigens von KI dafür erstellten Checklisten. 

Das bedeutet, dass sich Vermittler und Makler dank KI wieder auf ihr originäres Kern-Geschäft konzentrieren können: Die Finanzberatung. Und das Erzählen von Geschichten.

Oskar Hallier ist COO des Dresdner Sales Tech Unternehmens Bridge ITS GmbH

 

© Zeitschrift für Versicherungswesen  Juli 2025 Ausgabe 0713

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